Natürlich können wir Kunstwerke lesen und sehen wie wir wollen. Wir können das willkürlich und chaotisch ebenso wie intuitiv und von unseren Emotionen geleitet, machen. Die persönliche Erwartungshaltung an Kunst ist dabei natürlich entscheidend. Will ich verstehen, welche Bedeutungsebenen darin enthalten sind? Will ich mich selbst und meine Interpretationsansätze einbeziehen? Will ich die Bildsprache des Künstlers oder der Künstlerin kennenlernen? Will ich mich auf eine Gedankenreise mitnehmen lassen?
Die Kunstwissenschaft hätte da ein paar Tools wie das Kunstsehen nach bestimmten Strukturen funktioniert. Warum diese Analyse Anleitungen Sinn machen?
„Der Vorgang des Kunssehens macht aus uns BetrachterInnen einen Mitarbeiter der KünstlerInnen“.
Weil wir veblüfft sein werden, wieviel wir selbst(ständig) in einem Kunstwerk „lesen“ können ohne auf erklärende Texte zurückzugreifen. Diese erklärenden Texte, meist verfasst von KunstwissenschaftlerInnen können im nächsten Schritt vieles ergänzen und vor allem durch Querverweise und Einbettungen in den Kunst und Kulturgeschichtlichen Kontext (Dinge, die man nicht abrufbar wissen muss) die Rezeption jedes Werkes bereichern.
Die Werkanalyse kann in 5 Bereiche unterteilt werden:
- Werkbetrachtung
- Werkanalyse
- Werkinterpretation
- Erweiterte Werkinterpretation
- Werkinterpretation durch Involvierung = Kunstvermittlung
Was bedeutet diese Unterteilung? Die Werkbetrachtung steht an erster Stelle, der Vorgang des Sehens nimmt einen wichtigen und wesentlichen Raum ein. Man versucht alles, was zu sehen ist, zu erfassen. Eine gründliche Bestandsaufnahme. Bei diesem ersten Schritt ist es also weder notwendig von Kunst etwas zu verstehen, das Kunstwerk, den oder die KünstlerIn und seine oder ihre Bildsprache zu kennen, die Epoche einordnen zu können oder Informationen zur Technik, Medium zu haben. Erst der zweite Schritt, die Werkanalyse erfordert das Einholen von Informationen. Hier handelt sich um die Sammlung von Zahlen, Daten, Fakten. Der dritte Schritt führt zur Werkinterpretation. Hier bilden persönliche Assoziationen die Ausgangssituation. Bei der erweiterten Werkinterpretation werden Interpretationsansätze des oder der Künstlerin sowie anderen Personen, gesellschaftliche, politische und historische Bezüge miteinbezogen. Sobald man selbst durch verschiedene kunstvermittelnde Methoden einbezogen wird, kann das Kunstwerk Ausgangspunkt für eine sehr lange und intensive Reise werden, bei der bildlich gesprochen das Gestern, das Heute, das Morgen, das links und rechts, das oben und unten einbezogen werden.
„Das Sehen ist kein mechanisches Aufzeichnen von Teilelementen sondern vielmehr das Erfassen von bedeutenden Strukturmustern“ Rudolf von Arnheim