Spinnen – sie wohnen in Ecken, Spalten und Rinnen, an Ab-Orten. Flugs sind sie auf der Flucht, sobald sie gestört werden. Die meisten Menschen fürchten sich vor ihnen, nicht so Erich Gruber, ihm dienen sie als Motiv. Frühmorgens, noch bevor der Tag so recht erwacht, zeichnet das Kind Erich mit einer Hingabe, die ihn viel später zum Künstler werden lässt.
Zunächst absolviert Erich Gruber die HTL, wechselt dann ans Mozarteum. Sein Studium verdient er sich mit Arbeiten am Ausstellungsaufbau in Galerien, es sind sozusagen seine Lehr- und Wanderjahre.
Gleichzeitig arbeitet er an seinen eigenen Werken und lernt so die Galeristin Heike Curtze kennen, die ihm die Zusammenarbeit mit der Galerie anbietet. Eine erste wichtige Wegmarke.
Dennoch war es für den jungen Künstler, der seine eigenen Vorstellungen umsetzen will, schwierig zu überleben. Zielstrebig entwickelt er seinen eigenen persönlichen Stil. Erich Gruber lässt sich Zeit, sucht gelassen, weiß sehr klar, was er will, lässt sich nicht von außen beeinflussen. Er muss sich in dem, was er tut, sicher sein. Erich Gruber wiederholt sich in der Auswahl seiner Ideen nicht – und wären sie noch so erfolgreich. Nischenkunst und Serien des immer Gleichen nur abzuwandeln, darin sieht er keinen Sinn.
Seine künstlerische Bandbreite reicht von chaotischer Zeichnung, Abstraktion über Textilarbeiten bis zu Lackbildern, er arbeitet auf Holz, mit Bleistift, in Mischtechnik oder Collage. Der Künstler sucht und findet im Nahen, im Unscheinbaren und Gewöhnlichen seine Motive. Im Mikrokosmos unter Baumrinden tummeln sich Käfer und anderes Kleingetier. In einer seiner Werkserien beschäftigt er sich mit Spinnen. Sie haben sich bei ihm eingenistet, an einem Ab-Ort in seinem Atelier. Intensiv beobachtet er die Spinnen, wie sie leben, wie sie ihren Nachwuchs pflegen – faszinierende Begegnungen. Zugleich will er die Tierchen in ihrem Treiben nicht stören. Anfangs, so gesteht er, grauste es auch ihn, zugleich aber erlebte er eine ihm bislang nicht bekannte Begegnung zwischen Mensch und Tier.
Für seine Zeichnungen, und, um sie den Menschen verständlich zu machen, musste er den Ekel für den künftigen Betrachter überwinden. Er entschied sich für objekthafte Formen, er transformierte, sodass etwas Neues entstand.
Auf diese Weise entwickeln sich beim Betrachter Assoziationen. So wird eine Spinne, vor der man sich ekelt, zu einer Ästhetik des Interessanten. Der Künstler baut sozusagen einen Filter ein. Er sieht in der Spinne ein Mitgeschöpf, sie ist Gast auf Erden wie wir auch – das sich Hineindenken in ein anderes Geschöpf gelingt nicht immer.
Erich Gruber zeichnet viel, fast exzessiv entwickelt er seine Arbeiten aus dem Tun an der werdenden Zeichnung. Er sagt von sich, so könne er dabei nicht schwindeln. Stets ist ihm sein Gefühl wichtig. Er will zunächst nicht analysieren, erst wenn der Zyklus abgeschlossen ist. Seine Arbeit entsteht ungerichtet – spielerisch. Der Betrachter soll schauen und fühlen.
Erich Gruber sucht sich viele Themen aus der Natur. Es gibt, so sagt er, auch dunkle Stunden in seiner Arbeit, aber desto intuitiver kann er arbeiten. Existenz, Wahrnehmung und Leben ist sein Thema. Sich selber bezeichnet er als akkurat und chaotisch.
Das Exakte ist für den Betrachter seiner Blätter unübersehbar. Seine Kunst passiert mittels unendlicher Zuwendung, mit bis ins Feinste kunstvoll und handwerklich vollkommen ausgearbeiteten Details. Das Chaotische nutzt er zum Finden von Formen, zur Entwicklickung seiner Arbeit, die sich von rein wissenschaftlicher Darstellung abhebt, in Kunst umgewandelt ist.
Text von Ulrike Guggenberger*
*Ulrike Guggenberger ist Kunsthistorikerin, Kunstvermittlerin, Autorin und freie Ausstellungskuratorin. Sie arbeitet seit 1995 als freie Journalistin im Bereich zeitgenössischer Kunst. Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft „Werkstatt im Fluss“ mit dem Ziel Projekte im „Lebensraum Salzach“ zu verwirklichen. Freie Ausstellungskuratorin etwa für „Kulturelle Sonderprojekte“ der Landesregierung. Seit 2004 Kunstvermittlerin am Museum der Moderne Mönchsberg.
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